Teil 3: Wurzelbehandlung auf brandenburgisch

Lassen Sie mich heute zu einem jener Missverständnisse kommen, die ich in der Beschreibung dieses Blogs bereits angedeutet habe. Mein fundamentalstes Missverständnis betraf schon die Idee, einen Garten mit Häusern darin erworben zu haben. Wie sich im Laufe der Renovierung meiner Dichterlaube herausstellen sollte, war es gelegentlich genau andersherum.

Nachdem ich nach vier Wochenenden in Folge endlich mit dem Dach fertig geworden war – drei Schweißbahnen, umlaufende Metallverschalung und gefühlte 10.000 Nägel inklusive – wollte ich mich endlich dem Innenausbau des kleinen Gebäudes widmen. Mein Plan: Verputzen der nackten Mauerstellen, Malern und fertig! Der Laie denkt, das Landhaus lenkt.

Das Prüfen der noch intakt verputzten Mauerstellen ergab, dass mich Teile der Antwort meines Hammers in der Tat verunsicherten. Verdächtig hohle Geräusche ließen den Plan in mir erwachsen, hinter dem sanft strahlenden Weiß nach dem Rechten zu sehen.

Obwohl ich augenscheinlich angeklopft hatte, zeigten sich die Bewohner meiner Wände durchaus überrascht. Mit blitzartiger Geschwindigkeit verließen rund ein Dutzend Asseln, Spinnen und Ameisen das winzige Loch in der Wand. Beunruhigt erweiterte ich die Lücke im Putz.

Meine Untermieter, die zweifellos länger vor Ort waren als ich, hatten es sich recht gemütlich gemacht. Von Zimmerpflanzen zu sprechen, käme einer Untertreibung gleich. Zwischen Putz und Mauerwerk verliefen Wurzeln von der Dicke eines Fingers.

Entsetzt legte ich allmählich die gesamte Rückwand des kleinen Gebäudes frei. Im dichten Geäst traf ich noch so manchen anderen Bewohner, der düpiert von meinem unwirschen Verhalten das Weite suchte. Irgendwo hinter dem Geäst schimmerte eine fein geziegelte Wand hindurch.

Der Mitarbeiter im Baumarkt meines Vertrauens, der trotz seines legendären Namens nicht von Walter Gropius gegründet worden ist, war nicht annähernd so überrascht von meiner Erzählung wie ich. „Von wann ist das Haus?“ fragte er mit einem kennerhaften Gesichtsausdruck.

„Ich schätze, es ist so an die 100 Jahre alt.“ „Meines ist von 1926. Stabiles Mauerwerk, gar kein Problem“, beruhigte er mich und schubste mich in Richtung Zementsäcke. „Einfach ausreißen, Fugen raus und dann wird alles neu abgedichtet.“

Die letzten drei Wochenenden hatten uns zusammengeschweißt. Keine Frage, die er nicht erwartet hätte, kein Rat, den er schuldig geblieben wäre. Ich war zweifellos einem Wikipedia des Hausbaus begegnet und war nicht gewillt, ihn loszulassen, bevor ich ihn vollständig ausgelesen hatte.

Zurück in der Dichterlaube sah ich mich um. Noch immer stand ein niedriger Rest des ehemaligen Kamins aufrecht und verhinderte, dass ich den Putz dahinter prüfen konnte. Eigentlich wollte ich ihn stehen lassen und als kleinen Beistelltisch verwenden. Zwei emsige Asseln und eine Spinnenfamilie, die just in diesem Augenblick dahinter Zuflucht suchten, ließen mich meine Meinung ändern.

Was ich hinter der Wand des Kamins entdeckte, vervollständigte den Eindruck eines Gartens im Gartenhaus auf beunruhigende Weise. Unter dem leicht gewölbten Putz fand ich… nichts. Wer immer dieses Häuschen errichtet hatte, scheint sich bei der Anzahl der benötigten Ziegel geirrt zu haben. Eine andere Erklärung fand ich nicht für die Tatsache, dass die obere Hälfte der Wand nicht etwa auf einem Mauerwerk, sondern auf loser Erde aufsaß, die immerhin sachgemäß mit Putz beworfen worden war.

„Ihre Wand hat kein Fundament?“ Die Stimme meines Beraters klang zum ersten Mal besorgt. „Meine Wand hat keine Wand“, korrigierte ich ihn. „Sie hört einfach auf Kniehöhe auf. Und das von oben.“ Mein Berater schien sich zu fragen, ob ich ihn zum Narren hielt. „Aber das Haus steht noch, ja?“ „Ja, und ich bin drei Wochen lang mit Bunsenbrennern und Brecheisen auf seinem Dach auf- und abgelaufen.“ „Meinen Glückwunsch“, murmelte er und schob mich schon zum zweiten Mal am selben Tag in die Baustoffabteilung.

Den Rest des Wochenendes verbrachte ich damit, die Wurzeln, Asseln und die Erde, auf die mein Haus gebaut worden war, vorsichtig durch Ziegel und Zement zu ersetzen. Wer hätte gedacht, dass ich meine erste Mauer von oben nach unten errichten würde?

So etwas konnte einem auch nur in Brandenburg passieren.

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