Teil 6: Silvester on Ice

Wer ein Kind erziehen will, braucht ein ganzes Dorf, sagt man. Ob diese empirische Weisheit den neuesten pädagogischen Standards genügt, möchte ich nicht beurteilen. Aber eines kann ich seit ein paar Tagen mit Sicherheit unterschreiben: Bei jemandem, der in einem frisch gekauften Haus auf dem Land Silvester feiern will, ohne sich den Tod zu holen, kann ein ganzes Dorf gewiss nicht schaden.

Doch fangen wir von vorne an. Die Idee, einen besinnlichen Jahreswechsel auf dem Land zu verbringen, fassten wir eigentlich recht spät im Jahr. Beinahe bin ich versucht, unsere Planung für typisch berlinerisch zu halten. Der typische Berliner (nein, nicht der ausgestorbene, geborene Berliner, der echte, weil zugereiste) fällt seine Entscheidungen bezüglich Wochenenden oder gar hohen Feiertagen in der Regel so, wie er es von der Eröffnung seines Flughafens her gewohnt ist: gar nicht.

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Teil 5: Das ungeheuere Gewicht der Dinge

Es ist Juli, Juli 2017. Zumindest behauptet das mein Kalender. Der Blick aus dem Fenster meines kleinen Häuschens entlarvt das Wörtchen Sommer als Etiketenschwindel. Draußen ist es Februar. Oder November. Irgendwas, das mit tiefen Temperaturen und viel Wasser zu tun hat. Der Klimawandel hat Brandeburg erreicht. Nicht zu verwechseln mit Klimaerwärmung. Die gibt es auch nur in der Theorie, wie den Juli 2017.

Mein Freund George und ich sind dieses Wochenende herauszukommen, um die Wände des Dichterhäuschens fertigzustellen. Nebenbei haben wir das große Haus mit ein paar Möbeln ausgestattet: eine auszuziehbare Schlafcouch, ein Plattenspieler und, das Wichtigste, eine Waschmaschine. Sing, meine chinesische Nachbarin, hat mich letztens darauf hingewiesen: Ohne Waschmaschine ist ein Landhaus so etwas wie ein Hotel ohne Roomservice. Erst, wenn es sich selbst versorgen kann, beginnt es eine zweite Heimat zu werden.

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Teil 4: Bratwurst und Weltuntergang

Ob die im Bundestag gegen die Stimme der Bundeskanzlerin verabschiedete „Ehe für alle“ oder der erste europäische Staatsakt im Straßburger Parlament zu Ehren von Helmut Kohl – politisch gesehen begann das Sommerloch 2017 mit einem Paukenschlag. Noch lauter aber und wohl auch am meisten diskutiert war jedoch ein ganz anderes geschichtsträchtiges Ereignis dieser Woche: der Weltuntergang made in Berlin.

Am Donnerstagmittag brach über Brandenburg und der Hauptstadt ein Unwetter aus, das sich gewaschen hatte – und nicht nur Busse und U-Bahnen zum Baden brachte, sondern auch so manchen ahnungslosen Passanten. Rasch verbreiteten sich über die sozialen Medien Bilder von Badenden in Berliner Straßen und regenschirmbewehrte Fußgänger, die plötzlich im Erdboden versanken. Mit sorgenvollem Blick dachte ich an das neu gedeckte Dach der Dichterlaube; das Timing war perfekt, aber würde es meine Handwerkskunst auch sein?

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Teil 3: Wurzelbehandlung auf brandenburgisch

Lassen Sie mich heute zu einem jener Missverständnisse kommen, die ich in der Beschreibung dieses Blogs bereits angedeutet habe. Mein fundamentalstes Missverständnis betraf schon die Idee, einen Garten mit Häusern darin erworben zu haben. Wie sich im Laufe der Renovierung meiner Dichterlaube herausstellen sollte, war es gelegentlich genau andersherum.

Nachdem ich nach vier Wochenenden in Folge endlich mit dem Dach fertig geworden war – drei Schweißbahnen, umlaufende Metallverschalung und gefühlte 10.000 Nägel inklusive – wollte ich mich endlich dem Innenausbau des kleinen Gebäudes widmen. Mein Plan: Verputzen der nackten Mauerstellen, Malern und fertig! Der Laie denkt, das Landhaus lenkt.

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Teil 2: Glücksfall Hauskauf

Ein Glücksfall im engeren Sinne ist es eigentlich nicht gewesen, mein Hauskauf auf dem Land. Obschon der immerhin fünfstellige Betrag angesichts der Lage und der Größe des Grundstücks nach einem absoluten Schnäppchen aussah, gestaltete sich die Suche nach einem Kredit als schwierig bis unmöglich.

Bei der Wahl meiner ersten Anlaufstelle verriet ich mich gleich als Kind der 80er Jahre: Auf diese Steine können Sie bauen – Sie erinnern sich. Wer konnte zu Beginn meiner Odyssee auch ahnen, dass damit eher die Hindernisse gemeint zu sein schienen, die mir die bekannte Bausparkasse trotz absolut freundlicher Sachbearbeiterin in den Weg zu legen suchte.

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Teil 1: Dichterlaube oder Hallenbad?

Es war bereits der dritte Baumarkt innerhalb von zwei Tagen. Nicht, dass ich nicht geahnt hätte, auf was ich mich hier eingelassen hatte. Aber drei Baumärkte in zwei Tagen, das war selbst in meinem Fall Rekord. Ungläubig sah mich der augenscheinlich beim Arbeiten gestörte Baumarktmitarbeiter an. „Keine Ahnung“, gestand er seine eigene Verzichtbarkeit. „Das müssen Sie schon selbst wissen.“

Das, was ich selbst wissen musste, war die Beschaffenheit von Schrauben bei der Montage von Dachbohlen auf meinem Dach. Hätte ich ihn nach dem Stand meiner Aktienpakete gefragt, ich hätte ihm zweifellos beigepflichtet. „Können Sie wenigstens einen Tipp geben, welchen Durchmesser die Schrauben haben sollten? Gibt es hier eine Art Standard oder so?“ Ich versuchte es mit seiner Expertenehre. „Nö“, bekannte er und machte Anstalten, sich nicht länger stören zu lassen „Danke für gar nichts“, antwortete ich und verließ die Baustoff-Information in Richtung Ahnungslosigkeit.

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